erzählt doch mal

Erzählt doch mal: Zuhause bei Hebamme Maren

Erzählt doch mal: Zuhause bei Hebamme Maren

Wer Maren und ihren Instagram-Kanal @zaubertgut noch nicht kennt, sollte dies schleunigst nachholen. Die quirlige Deutsche lebt in Bochum und ist Hebamme aus Leib und Seele. Im Frühling hat Maren ihr zweites Kind, den kleinen Wim zur Welt gebracht. Auf Instagram teilt sie ihren ganz persönlichen Alltag und ihre Erlebnisse aus der Babyzeit mit ihren Followern. Ihre wichtigste Botschaft dabei: Alles darf und nichts muss. Maren zeigt Familienleben ganz realistisch mit Höhen und Tiefen. Durch Einblicke in ihren Tagesablauf möchte sie andere Eltern ermutigen, Gefühle und Wahrnehmungen zu benennen und keinen falschen Idealen nachzujagen. Maren ist einfach erfrischend und ehrlich sowieso.

Wir freuen uns sehr, dass Maren und ihre Familie Teil unserer „Erzählt doch mal, wie ihr das macht…“-Serie sind. Viel Vergnügen beim Lesen!

Liebe Maren, wissen Hebammen alles übers Muttersein?

Ich für meinen Teil wusste nach mehr als 8 Jahren Hebammerei nichts über das Muttersein, sondern ausschließlich wie ich als HEBAMME Familien begleite und als Außenstehende beraten, begleiten und befähigen kann. Mutterwerden bzw. Muttersein ist etwas sehr emotionales und keinesfalls ein Ausbildungsberuf oder Studium – auch wenn es viele neue Aufgaben und Härtestest zu durchlaufen gilt. Witzigerweise kann ich mein Hebammenwissen überhaupt nicht auf meine eigenen Kinder übertragen, sondern bin ebenso in Sorge oder Aufregung wie alle anderen Eltern – das wiederum hat mir aber viel mehr Verständnis als Hebamme für die Familien geben. Meine eigene Mutterschaft würde ich dennoch nicht als Fortbildung wahrnehmen, sondern als etwas unfassbar Kostbares für mich persönlich als Mensch. Ich hatte keinen blassen Schimmer wie schön und wie müde dieses Elternding tatsächlich ist. Manchmal denke ich: „Hätte ich nur eher damit angefangen.“ 😉

 

„Meine Hoffnung ist, dass Menschen angeregt werden, Familie und Elternrolle neu zu denken.“

Dein Mann und Du ihr habt zwei Kinder. Als Hebamme hast Du einen fordernden Berufsalltag. Wie sieht bei Euch die Rollenverteilung aus?

Unsere Rollenverteilung ist überhaupt nicht klassisch. Mein Mann studiert Grundschullehramt und ist somit deutlich flexibler als ich. Das ist manchmal Fluch und Segen zu gleich – da Lohnarbeit vorgeht. An den Wochenenden arbeitet mein Mann in Einrichtungen für ehemals obdachlose Männer und Suchterkrankte. Dadurch müssen wir zusätzlich mit unseren Kapazitäten und Ressourcen haushalten. Allerdings bringt meine Hebammenarbeit auch Flexibiltät mit sich, denn mein originäres „Wochenbett Geschäft“ lässt sich natürlich halbwegs planen, was die Uhrzeiten anbelangt. Es ist immer ein wenig Chaos und immer viel Organisation. Ich bin jedoch sehr dankbar, eine starke, freiberufliche Frau sein zu können und daran ist mein Mann nicht unschuldig.

 

Was hat sich für Euch am meisten durch die Geburt Eures zweiten Kindes verändert?

Das Verhältnis zu Schlaf. Das ist jedenfalls das erste was meinem müden Kopf einfällt. Während man bei Kind eins eventuell tatsächlich tagsüber schlief, wenn das Baby schlief, so gibt es nun bereits ein „großes“ Geschwisterkind, das pünktlich beim Tagesvater sein möchte, etwas zu essen haben will und allgemein einen geregelten Tagesablauf braucht. Da kann man nicht sagen „Heute bleiben wir liegen und schauen den ganzen Tag verliebt den kleinen Bruder an.“ Zeitgleich empfinde ich das als total schön und gut, weil es so unaufgeregt ist und mir bzw. uns ebenfalls Struktur gibt. Ebenso gibt es wenig bis keine Auszeiten für Paul oder mich. Irgendwer hat immer ein Bedürfnis und selbst Selbstverständlichkeiten wie Duschen wird hier abgesprochen – verrückt. Aber es funktioniert. Entscheidend für uns ist es, den Perfektionismus abzulegen. Das konnten wir zum Glück beim ersten Kind schon lernen.

 

Euer kleiner Wim ist jetzt 8 Wochen alt, der kleine Rudi 1,5 Jahre – wie sieht Euer typischer Alltag aus?

Durch unseren Sohn Rudi ist der Alltag wochentags durch den Tagesvater grob festgelegt. Spätestens bis 08:30 muss Rudi dort auf der Matte stehen. Das bedeutet, dass wir meist gegen 06:00/06:30 aufstehen, gemeinsam Kaffee trinken und frühstücken und spielen. Ich genieße das Zusammensein am Morgen sehr, denn meist sind da alle noch energiegeladen und gut drauf 😉 das kann mit weiterschreitendem Tag oft abnehmen bei den Kindern. Um 15:00 müssen wir Rudi abholen. Bis dahin heißt es dann Haushalt erledigen, Einkaufen, Baby bespaßen und tatsächlich auch meinen Instagram Kanal bespielen, denn der ist genau wie meine Hebammenarbeit fester Bestandteil geworden. Natürlich muss ich oft Aufgaben abgeben und weiterleiten, weil der kleine Wim mich mehr braucht oder wie momentan – ein Umzug geplant werden muss.

 

Habt ihr fixe Rituale?

Der gute Nachtkuss und Stirndrücken für alle. Das gibt Liebe und Energie.

Auf Deinem Instagram-Kanal @zaubertgut lässt Du Deine Follower an Deinem Familien- und Gefühlsleben teilhaben. Was sind Deine Beweggründe dafür?

Ich würde weitergehen und behaupten, dass viele Postings gar nicht mich persönlich immer mit einbeziehen, sondern dass ich viel Aufklärungsarbeit leiste. Natürlich kann ich dies deutlich besser am eigenen Beispiel zeigen und kann somit viel lebhafter vom Alltagsgeschehen als Familie und Mutter berichten. Das Feedback, das ich bekomme ist riesig. Junge Eltern spiegeln mir wie gut es tut, dass ich Themen wie Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett und das Leben mit zwei kleinen Kindern realistisch zeige. Und sind wir mal ehrlich – mit Ehrlichkeit bekleckern sich die wenigsten Accounts auf Instagram. Dort ist es meist wichtig eine perfekte Fassade nach außen zu präsentieren und alles ist zu jeder Zeit möglich. Wer sich schon mal morgens einen Wecker nach einer durchzechten Nacht stellte, weiß, dass das nicht stimmt. Mir ist es wichtig liebevoll zu zeigen: es ist nicht alles Gold was glänzt und das ist nicht nur total Ok, sondern kann sogar witzig oder schön sein.

 

Mit Deinen persönlichen Posts bestärkst Du frischgebackene Mütter all ihre Höhen und Tiefen zu leben und ihre Emotionen nicht zu verstecken. Warum glaubst Du, haben so viele Mütter das Gefühl, immer stark sein zu müssen?

Ich glaube, dass es Eltern allgemein meint. Ich finde es super wichtig, weg zu kommen, was eine „Mutter“ für Gefühle hat. Eltern haben super viele Gefühle und Empfindungen – denen muss man manchmal Worte geben. Das fällt nicht jeder Person gleich leicht und durch meine jahrelange Arbeit mit Familien weiß ich natürlich, dass um 02:00 nachts die meisten die gleichen Sorgen und Befürchtungen haben und sich am liebsten die Decke über den Kopf ziehen würden. Das benenne ich, damit kein Idealbild von Familie entsteht, sondern etwas, dass mehr glänzt als Gold: wahre Menschen. Wahre Emotionen. Meine Hoffnung ist natürlich, dass Menschen angeregt werden Familie und Elternrolle neu zu denken und neue Empfindungen viel mehr einordnen können. Es braucht viel mehr realistische Bilder von (diversen ) Familien.

„Wenn Menschen ‚Macht‘ in Form von Followern bekommen, kann es schnell gefährlich werden.“

Ist Social Media für Mütter Fluch oder Segen?

Beides. Ins Internet und besonders auf Social Media kann einfach ungefiltert jeder alles schreiben. Wenn Menschen dann noch „Macht“ in Form von Followern bekommen, kann es schnell gefährlich werden. Denn eine Frau, die drei Kinder gestillt hat, ist keine Stillberaterin und man ist auch keine Hundetrainerin, weil Oma Inge mal einen Dackel hatte. Meinungen werden schnell als Wissen verkauft und die Followerschaft wird aufgerufen, es genau wie man selbst zu tun. Das ist ehrlich gesagt super gefährlich. Wie oft ich bei Familien saß und erklären musste, wieso bei dem eigenen Kind jetzt nicht nur romantisch nach Bedarf gestillt werden sollte, auch wenn eine schwangere Influencerin davon erzählt hat. Wenn in dieser Familie ein Frühchen im Bett liegt, eine Neugeborenengelbsucht entwickelt und es im Bereich einer medizinischen Verschlechterung ist, dann bringt einem ein solcher Ratschlag nichts, außer die nächsten Tage vermutlich im Krankenhaus zu verbringen. Aber natürlich ist Social Media toll, weil dort Austausch entsteht, man auf Tabus aufmerksam machen kann und Fachleute und Minderheiten sich Gehör verschaffen können. In diesem Bereich kann man viel lernen und für sich mitnehmen. Ich selbst habe auch immer wieder Accounts, die mich völlig wertfrei über meinen eigenen Tellerrand blicken lassen.

 

Was hast Du über Dich gelernt seit dem Du Kinder hast?

Die größte Lektion für mich (bislang) ist, dass nichts mehr so recht planbar ist und wie viel effektiver ich oftmals Dinge erledigt bekomme. Ebenso wie wahnsinnig sehr man lieben kann. Ich erinnere mich an eine Situation mit meinem Großen kurz vor der Geburt von Nummer zwei: wir waren zusammen auf dem Spielplatz und ich schaute ihn an und dachte „Das tut richtig richtig weh vor Liebe in meinem Herzen“. Ja, eindeutig ist mein Liebeshorizont erweitert worden und auch mein Gelassenheitsbarometer. Das sind zwei ziemlich gute Dinge, die würde ich nicht mehr missen wollen.

 

Vermisst Du Dein kinderloses Leben manchmal?

Es wäre gelogen, würde ich mit Nein antworten. Ich vermisse es spontan und unabhängig zu sein. Tür ein und ausgehen, wann ich mag – das gibt es mit Kindern nicht mehr. Oder einfach mal einen faulen Sonntag im Bett – illusorisch. Dafür ist es wunderschön aktiv zu sein und das Leben mit anderen Augen und Emotionen wahr zunehmen. 

 

Wie sollen Deine Jungs diesen Satz in 30 Jahren beenden? „Unsere Mutter…“

So wie sie es wollen. Kinder sind uns nichts schuldig und ich habe keine Erwartungen an die beiden, wie sie auf mich blicken sollen. Im besten Falle bin ich ihnen peinlich und trotzdem ein gutes Ohr auf Lebenszeit. Das wäre schön, aber auch sehr idealistisch.

 

Danke, liebe Maren!

Fotocredits: www.kindesglueck.de, zaubertgut

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